Zuletzt aktualisiert: 5 Handlungsfelder für eine kundenzentrierte Automobilindustrie

5 Handlungsfelder für eine kundenzentrierte Automobilindustrie

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Die Auswirkungen der globalen Covid-19-Pandemie auf die Automobilindustrie sind dramatisch. 2020 – so das Statistische Bundesamt – wurden in Deutschland insgesamt nur 2,9 Millionen Fahrzeuge zugelassen. Das sind rund 19,1 Prozent weniger als noch im Vorjahr. Auch die weltweiten Verkaufszahlen dürften letztes Jahr um 20 Millionen unter denen von 2019 liegen.

„Als wäre ein Markt von der Größe Europas über Nacht verschwunden“, heißt es in einer Studie des Beratungsunternehmens AlixPartners.

Ein weiteres Ergebnis der Analyse: Jeder zweite der 401 bewerteten Zulieferer stand bereits 2019 unter hohem finanziellem Stress. Dieser wurde durch die Corona-Pandemie im vergangenen Jahr weiter angefeuert wurde.

Digitalisierung und Elektrifizierung feuern Transformation in der Automobilindustrie an

Doch so schlimm die Auswirkungen der weltweiten Pandemie für die Automobilindustrie auch sein mögen – sie sind lediglich ein Brennglas, das die Herausforderungen sichtbar macht. Die eigentlichen Treiber der immensen Transformation, mit der die Branche konfrontiert ist, heißen Digitalisierung und Elektrifizierung.

„Im Kontext der sich rasch verändernden Realitäten müssen Automotive-Konzerne alte Strukturen schnell und umfassend umbauen und neue Produkte, Geschäftsmodelle und Services entwickeln“, empfiehlt Bearing Point Automotive-Experte Dr. Stefan Penthin.

Das heißt konkret: Wer im automobilen Verdrängungswettbewerb zu den Gewinnern zählen will, muss sich vielschichtigen Herausforderungen stellen. Dazu gehört auch die Verbesserung der Customer Experience. Um hier zu punkten, sollten Hersteller und Zulieferfirmen sich folgenden Themen widmen:

1. Kundenanforderungen ernst nehmen

Jahrzehnte lang lag der Fokus der Automobilindustrie ausschließlich auf der Fahrzeugpallette.

Inzwischen hat das Gros der Hersteller erkannt, dass der Shift von der Produkt- zur Kundenzentrierung unerlässlich ist.

Denn obwohl die Autobranche im Vergleich mit anderen Branchen nach wie vor von einer hohen Markenbindung profitiert, sollte sie sich keinesfalls darauf ausruhen. Denn Kundenerwartungen und Mobilitätsverständnis ändern sich gerade radikal.

So sagt laut einer IBM-Studie fast jeder zweite Verbraucher (48 Prozent), dass die Fahrzeugmarke für ihn in einem zukünftigen Szenario mit Mobilitätsdienstleistern. Und autonomen Fahrzeugen keine Rolle mehr spielen werde. Viel wichtiger sei die Bequemlichkeit.

Dementsprechend müssen Automobilhersteller die Nutzer noch stärker als bisher an der Entwicklung ihrer Produkte beteiligen. „Weitaus stärker als dies ohnehin schon der Fall war, geht es darum, den Lebenszyklus der Kundenbeziehungen zu verstehen.

Erst dann lassen sich die Produkte und Services eines Unternehmens sowie die damit verbundenen Wertschöpfungsprozesse tatsächlich genau darauf ausrichten, was der Kunde aktuell am nötigsten hat“, verdeutlicht Marktforscher Christian Decker von der Information Services Group (ISG).  

2. Neue Geschäftsfelder etablieren

Das Fahrzeug als Statussymbol verliert zunehmend Relevanz. Dagegen gewinnen Klimaschutz und Nachhaltigkeit auch im Bewusstsein der Autofahrer an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund müssen Hersteller ihren Fokus erweitern, sich vom Kernprodukt Auto verabschieden und stattdessen verstärkt auf digitale Geschäftsmodelle setzen.

Schließlich wird laut einer Studie von Horváth & Partners das Marktvolumen für „Mobility & Vehicle on Demand“ bis 2030 durchschnittlich um jährlich 16 Prozent wachsen. Zugleich bieten vor allem digitale After-Sales-Services der Branche spannende Möglichkeiten. So unterstützt der Automobilzulieferer Schaeffler Gruppe freie Werkstätten beispielsweise mit dem Service-Portal REPEXPERT.

Zudem ermöglicht die intelligente Verknüpfung von Fahrzeug-, Kunden- und Servicedaten in Verbindung mit Künstlicher Intelligenz und Echtzeit-Analytik aber auch den Weg zu innovativen, proaktiven Services: Probleme werden frühzeitig erkannt, passende Lösungen durch Hersteller und Händler präventiv eingesteuert. Das beschleunigt im Fall der Fälle den Reparaturprozess und sorgt für mehr Markentreue und Kundenloyalität.

3. Kanalübergreifende Beziehungen pflegen

Kunden wollen jederzeit und überall mit ihren Lieblingsmarken in Kontakt treten können. Das gilt auch für Autofahrer. Zwei Drittel der Topmanager der Autobranche sind deshalb auch laut einer Studie davon überzeugt, dass ihre Kunden selbst entscheiden wollen, über welche Kanäle sie mit ihnen kommunizieren können. Um dies zu ermöglichen, müssen allerdings die unterschiedlichen Touchpoints von Herstellern, Händlern und Werkstätten gezielt orchestriert werden.

Führende OEMs haben dies bereits erkannt und entwickeln ihre Vertriebskonzepte entsprechend weiter.

„Einen Mercedes-Benz zu kaufen, soll für unsere Kunden so einfach werden, wie ein Buch zu kaufen“, sagt Daimler Vorstandsmitglied Britta Seeger. Sie geht davon aus, dass bis 2025 ein Viertel der weltweiten Verkäufe online erfolgt.

Insgesamt werden die Grenzen zwischen Kunde, Händler und Hersteller mehr und mehr verschwinden:

  • Verbraucher konfigurieren ihr Traumauto mithilfe von Mixed-Reality-Technologien in Eigenregie
  • Händler unterstützen diesen Prozess durch qualifizierte Online-Beratungen und virtuelle Showrooms
  • Hersteller richten ihre Produktionslinien agil an den Kundenbedürfnissen aus.

So entsteht die Basis für eine kanalübergreifende Customer Experience.

4. Datenbasierte Erkenntnisse nutzen

Das Fahrzeug der Zukunft ist vernetzt. Und liefert so eine Vielzahl von Daten zum Zustand des Automobils sowie zu den Gewohnheiten seines Besitzers. Zugleich hinterlassen Kunden auch in den sozialen Medien aufschlussreiche digitale Spuren.

Doch aus dieser heterogenen Datenflut müssen relevante Erkenntnisse für die Customer Experience abgeleitet werden.

Hierzu gilt es, die Informationen auszuwerten und in die richtigen Kanäle zu lenken. Das ist allerdings leichter gesagt als getan. Aktuell bremsen heterogene IT-Landschaften und abgeschottete Datensilos die Automobilindustrie bei der effizienten Auswertung und Nutzung der vorhandenen Informationen jedoch vielerorts noch aus.

Umso wichtiger ist es, dass Automobilhersteller, Zulieferer und andere Branchenteilnehmer eine Vision entwickeln. Etwa, wie sich die Customer Experience durch datengetriebene Verfahren vorantreiben lässt.

5. Zusammenarbeit neu definieren

Eine nahtlose Customer Experience erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Zulieferern, Herstellern, Händlern, Werkstätten und anderen Dienstleistern (z.B. Banken, Zahlungsdienstleistern, Energieversorgern). Das setzt jedoch voraus, dass Organisationsstrukturen, Prozesse und digitale Lösungen der unterschiedlichen Parteien horizontal und vertikal verknüpft sind.

Die horizontale Verknüpfung zielt dabei auf die Vernetzung verschiedener IT-Systeme ab. Bei der vertikalen Verknüpfung geht es um einen reibungslosen unternehmensübergreifenden Informationsfluss.

Entsprechende Starthilfe-Bestrebungen gibt es bereits. So will beispielsweise die von BMW, SAP und anderen Unternehmen ins Leben gerufene Automotive Alliance einen neuen Industriestandard etablieren. Ziel ist es, so einen branchenübergreifenden Datentransfer über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg zu ermöglichen.

Fazit: Corona ist für die Automobilindustrie eine Chance

Die Automobilindustrie – und mit ihr auch die Zulieferbranche – hat die Chance, gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Mobilität ist zwar inzwischen ein komplexes Geschäftsfeld, birgt aber auch eine noch nie dagewesene Chance, einen Blick tief in die geschäftlichen Abläufe zu wagen. Fahrzeuge werden weiterhin enorme Datenmengen generieren. Und diese Datenflut in Einnahmen und Gewinne für das Unternehmen zu verwandeln, sichert den zukünftigen Erfolg.

Sehen Sie selbst, wie ein Driver-Portal den Autofahrer in den Mittelpunkt der vernetzten Welt stellt. So vereinfachen und beschleunigen Sie Ihre digitale Transformation.

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