Schon seit einiger Zeit herrscht auf dem Aktienmarkt eine bärische Stimmung, der auch die Kurse von vielen börsennotierten E-Commerce-Anbietern nach unten treibt. Gleichzeitig steigen die Preise für so ziemlich alles scheinbar unaufhörlich. Die globale Krisenstimmung macht sich in der Wirtschaft deutlich bemerkbar. Dass solche Durchhänger periodisch auftreten und die Aktienkurse sich früher oder später wieder erholen werden, ist mitten im Bärenmarkt nur ein schwacher Trost.
Auch der Onlinehandel bleibt von der angespannten Bärenmarkt-Stimmung in Deutschland nicht verschont.
Im zweiten Quartal – so eine Befragung des Dachverbandes bevh –sind die Umsätze im E-Commerce mit Waren gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 9,6 Prozent auf 21,8 Milliarden Euro zurückgegangen.
Die Konsumentinnen und Konsumenten zeigen sich angesichts der höchsten Inflationsraten seit 40 Jahren stark verunsichert. Sie stellen sich darauf ein, den Gürtel enger zu schnallen und setzen beim Einkaufen zunehmend Prioritäten. Während die aktuelle Lage die Wirtschaft bremst und das Käuferverhalten verändert, sehen sich viele Einzelhändler gleichzeitig mit Lieferengpässen und logistischen Problemen konfrontiert.
Wie können E-Commerce-Marken ihr Geschäft durch diesen aktuellen Bärenmarkt steuern – und wie bereiten sie sich auf einen möglichen wirtschaftlichen Abschwung vor?
Handel im Wandel: 3 Commerce-Trends, die Sie nicht verpassen sollten
Das digitale Shopping boomt weiter: Vergangenes Jahr gaben die Deutschen rund jeden siebten Euro ihres Haushaltbudgets im E-Commerce aus. Erstmals durchbrach der Branchenumsatz im Onlinehandel damit 2021 die 100 Milliarden Euro Schallmauer. „Handel ohne E-Commerce ist nicht mehr denkbar“, resümierte unlängst bevh-Präsident Gero Furchheim. Im Onlinehandel wird kaum Geld verdient Die Kehrseite der Medaille: Die…
Der Bärenmarkt bremst den Konsum
Nach einem mehrmonatigen Schwebezustand sind die Aktien mittlerweile endgültig im Tief angekommen. Eine ähnliche Situation – mit Kursrückgängen von mehr als 20 Prozent – gab es in den Anfangstagen der Pandemie.
Der Bärenmarkt alarmiert Anleger und schürt Angst vor einer nahenden Rezession. Davon gab es in den vergangenen 75 Jahren einige – die sich über paar Monate oder mitunter auch über mehrere Jahre erstreckten. Der Pandemie-Crash vom März 2020 war relativ kurz. Die Kurse haben sich bereits im darauffolgenden August wieder erholt.
Die Wall Street befürchtet, dass das Federal Reserve die Zinsen aggressiv erhöhen wird, um der Inflation entgegenzuwirken – dadurch fallen die Aktienkurse in den Keller. Die Preise für Konsumgüter hingegen sind in Deutschland dieses Jahr bereits um 8,6 Prozent nach oben geschossen. Das ist die höchste jährliche Preissteigerung seit 1981.
Während die Preise für Benzin, Lebensmittel und andere essenzielle Konsumgüter unaufhörlich steigen, sinkt die Stimmung der Konsumenten auf ein Rekordtief, wie Wirtschaftsforscher berichten. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher schränken ihre Ausgaben ein und verschieben größere Anschaffungen angesichts aktueller Preisentwicklungen. Davon sind bestimmte Branchen stärker betroffen als andere.
Das stärkste Minus verzeichnen laut der bevh-Studie Elektronikprodukte (- 19 Prozent), gefolgt von Büchern/E-Books/Medien (- 16,5 Prozent) sowie Blumen & DIY (- 15,5 Prozent). Das Cluster „Unterhaltung“ kühlt sich insgesamt um 15,8 Prozent ab, gefolgt vom Cluster „Bekleidung“ (Bekleidung und Schuhe) mit – 11,1 Prozent.
Wenn eine Anschaffung sich nicht aufschieben lässt, stellt der Onlinekauf eine überzeugende Alternative dar. Das zeigt sich am weiterhin wachsenden Umsatz in den Kategorien Haushaltsgroßgeräte (+ 6,1 Prozent), Spielwaren (+ 5,1 Prozent) oder Medikamente (+ 5,4 Prozent). Allgemein noch am wenigsten vom fragilen Konsumumfeld betroffen ist das Cluster „Täglicher Bedarf“ (- 1,4 Prozent), das sich aus den Segmenten Lebensmittel (- 4,7 Prozent), Drogerieprodukte (- 2,1 Prozent) und Tierbedarf (+ 6,7 Prozent) zusammensetzt.
Einzelhandel: 5 Thesen für die Zukunft
Das Corona-Jahr 2020 lief für den deutschen Einzelhandel nicht so schlecht wie befürchtet. Dennoch: Gewinner sind vor allem einzelne Branchen und der E-Commerce. Den stationären Handel in den Innenstädten hat es dagegen stark getroffen - eine Pleitewelle droht. Was können Einzelhändler in den nächsten Monaten tun, um nicht zu den Verlierern der Krise zu gehören?
Der Lieferkettenfaktor
Neben der drohenden Rezession stehen viele Marken aber immer noch vor erheblichen Problemen in der Lieferkette. Trotz der momentan relativ entspannten Pandemie-Lage kommt es weltweit nach wie vor zu Lockdowns, verstopften Häfen und damit zu Lieferverzögerungen.
Die Schwierigkeiten in der Supply Chain führen zu einer Kettenreaktion aus Logistik- und Lagerproblemen, unsicherer Auftragsabwicklung und Inflation.
Konsumgüterhersteller zahlen mehr für Material, Vorprodukte, Personal und Versand, was sich in höheren Preisen für die Verbraucherinnen und Verbraucher im Laden äußert.
Das hat offensichtliche Auswirkungen auf das Kundenerlebnis. Lieferverzögerungen und verlorene Sendungen führen schnell dazu, dass Kunden einem Anbieter den Rücken kehren und sich nach Alternativen umsehen. Um dieser Dynamik nicht zum Opfer zu fallen und ihre Marke zu schützen, müssen Einzelhändler schnell reagieren.
Warum Top-Kundenerlebnisse auch von der perfekten Lieferkette abhängen
Viele Unternehmen stecken viel Zeit und Geld in kundenzentrierte Bestellprozesse – und können am Ende trotzdem nicht punkten. Top-Customer Experience erfordert nämlich eine ganzheitliche Ausrichtung der Unternehmensprozesse.
Smarte Bestellungsabwicklung
Wie reagieren Marken richtig auf die Unsicherheiten in der Lieferkette und bei der Auftragsabwicklung? Was sollen sie tun, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Ausgaben angesichts des Bärenmarktes und hoher Inflationsraten zurückschrauben?
In erster Linie brauchen sie Agilität und exakte Daten.
Sie müssen die Entwicklung des Kaufverhaltens proaktiv verfolgen und sich darauf einstellen, dass der durchschnittliche Bestellwert sich verringern wird. Online-Händler können darauf zum Beispiel mit Empfehlungen für günstigere Alternativen oder kleinere Bestellmengen reagieren.
Zugleich müssen sie ihre Gewinnspannen durch optimalen Service schützen. Kunden erwarten heute eine Lieferung am nächsten oder am gleichen Tag und die reibungslose Abwicklung von Retouren.
Intelligente Logistik ist im E-Commerce ein maßgeblicher Erfolgsfaktor. Dazu zählen:
- Mikro-Logistikzentren, besonders in Regionen mit hoher Kundendichte, um den Versand effektiver zu gestalten.
- Mehrere Bestellungen in einem Paket. 5 Prozent Rabatt für einen Kauf im stationären Handel kann Kunden außerdem dazu motivieren, ihre Bestellungen im Laden abzuholen, was die Lieferkosten reduziert.
- Abonnementbasierte Bestellungen, um das Geschäft zu optimieren und längerfristig kalkulierbare Umsätze zu generieren.
Nach der Bestellung ist die Customer Journey längst nicht vorbei
Für Unternehmen hat heute jeder Kundenkontakt das Potential, die Beziehung zu verbessern oder zu verschlechtern – und wirkt sich so direkt auf den Umsatz aus. Während es früher einzig und allein der persönliche Kontakt im Geschäft oder am Telefon war, der einen guten Eindruck hinterlassen konnte, sind die möglichen Touchpoints heutzutage vielfältig.
Kosten sparen durch weniger Retouren
Ein weiterer Weg, wie Online-Händler durch die schwierige Wirtschaftslage kommen, ist effizientes Retourenmanagement. Denn für viele Einzelhändler sind Retouren ein signifikanter Kostenfaktor.
Die Rücksendequoten bei Online-Bestellungen liegen branchenübergreifend im Schnitt bei 30 Prozent – im Vergleich zu 9 Prozent bei Einkäufen im Ladengeschäft. Hinzu kommt, dass die Bearbeitung dieser Rücksendungen aufgrund von Lieferkettenproblemen und des angespannten Arbeitsmarktes mittlerweile 50 Prozent mehr kostet als in den Vorjahren.
Um die Kosten für das Retourenmanagement zu reduzieren, haben Marken zwei wesentliche Optionen:
- Begrenzen der bestellbaren Produktanzahl für Kunden mit hoher Retourenquote
- Gebührenpflichtige Retouren. Vor allem im Modehandel beginnen immer mehr Marken damit, sich vom Modell der kostenlosen Retoure zu verabschieden.
Niemand weiß, wie lange der Bärenmarkt noch dauert. Klar ist jedoch: Marken, die jetzt angemessen auf die Umstände reagieren, werden die Turbulenzen gut überstehen und ihre Margen schützen, um im digitalen Handel dauerhaft profitable Umsätze zu erzielen.
Erfahren Sie hier, wie Sie profitablen E-Commerce auf einer skalierbaren Plattform realisieren.