Zuletzt aktualisiert: Zukunft der Autoindustrie: Besseres Kundenerlebnis mit einer 1080-Grad-Sicht

Zukunft der Autoindustrie: Besseres Kundenerlebnis mit einer 1080-Grad-Sicht

10 Shares

Artikel anhören

Audio als MP3 herunterladen

Die vielzitierte 360-Grad-Sicht auf die Kundinnen und Kunden ist auch in der Autoindustrie schon längst ein alter Hut. Mit Hilfe von Customer Experience Management, CRM-Systemen und Customer-Data-Plattformen gelingt den meisten Fahrzeugmarken heute eine ganzheitliche Sichtweise auf ihre Kundschaft und deren Anliegen.

Lässt sich das noch steigern? Ich sage ja. Vernetzte Fahrzeuge und neue technologische Entwicklungen wie der Einsatz von Generativer KIVirtual Reality, Metaverse oder Non Fungible Token (NFT) erlauben eine 1080-Grad-Sicht auf Fahrzeugnutzerinnen und -nutzer. Das wird nach meiner Meinung in Zukunft Marketing, Vertrieb und Service in der Autoindustrie stark beeinflussen.

Wir können damit eine Verdreifachung der Möglichkeiten für eine intensivere Kundenbeziehung erreichen.

Um diese Vision greifbar zu machen, hat unser Customer Experience Advisory-Team mehrere konkrete Anwendungsfälle entwickelt. Sie sollen zeigen, wie die neuen Zukunftstechnologien Automobilunternehmen dabei helfen können, Effizienzgewinne zu erzielen und mit Hilfe einer 1080-Grad-Sicht ein noch besseres Kundenerlebnis zu bieten. In drei Videos und einer Grafik veranschaulichen wir diesen Ansatz.

Grafik zur 1080 Grad Sicht in der Autoindustrie

Blick auf Kundschaft, Fahrzeug und immersive Erlebnisse ergibt 1080-Grad-Sicht

Die Grenzen zwischen der realen und der digitalen Welt werden in Zukunft immer mehr verschwimmen. So weit, so gut. Aber ein Aspekt ist dabei entscheidend – die stärkere Nutzung von Daten. Kennen Sie als Fahrzeughersteller, Händler oder Mobilitätsdienstleister Ihre Kunden und Kundinnen wirklich? Wissen Sie, was sie in der physischen und digitalen – aber auch in der immersiven – Welt tatsächlich interessiert? Dann unterstützen Sie sie persönlich, auf allen Online-Kanälen und mit ihrem digitalen Avatar im dreidimensionalen Metaversum.

Denn die einfache 360-Grad-Sicht auf die Kundschaft reicht in Zukunft nicht mehr aus. Auch das Fahrzeug – oder der digitale Zwilling davon – spielt eine immer wichtiger werdende Rolle. Digital vernetzte Autos produzieren bereits heute mehr und mehr für Marketing, Vertrieb und Service relevante Daten. Die Zusammenführung dieser beiden Dimensionen ist heute manchmal noch eine Herausforderung. Aber sie lohnt sich, da sie äußerst wertvolle Erkenntnisse für das Kundenerlebnis bringt.

Doch damit ist es noch nicht getan: Denn mit den neuen Technologien und Vernetzungsmöglichkeiten gibt es eine weitere Dimension, die sowohl den Menschen als auch das Fahrzeug umfasst. Durch die Kombination der 360-Grad-Ansicht auf die Kundinnen und Kunden mit dem umfassenden Blick auf das Fahrzeug entsteht bereits eine breitere 720-Grad-Sicht.

Zusammen mit der Möglichkeit, die weitere Dimension von virtuellen Räumen und Produkten wie Metaverse, NFT oder POAP hinzuzufügen, ergibt sich eine einzigartige und einheitliche 1080-Grad-Sicht auf die Fahrerinnen und Fahrer. Diese müssen dabei nicht unbedingt das Auto selbst besitzen, sondern können es auch über ein Subskriptionsmodell mieten oder im Carsharing mit anderen teilen.

Der ganzheitliche Blick auf alle drei Dimensionen, die womöglich bereits über ein übergreifendes Kundenbindungsprogramm ergänzt werden, ermöglicht ganzheitliche Einblicke und stellt umfassende Daten bereit, die für den erfolgreichen Aufbau neuer Geschäftsmodelle und Umsatzströme, das bessere Verständnis der Kundenbedürfnisse und noch vieles mehr eingesetzt werden können.

Neue Möglichkeiten nutzen: Metaverse, NFT und POAP in der Autoindustrie

Die Fahrzeugbranche hat schon immer schnell neue Technologien adaptiert, um ihrer Zeit voraus zu sein. Und wir sehen auch heute bereits Beispiele von Unternehmen, die damit die ersten Projekte in Marketing, Vertrieb und Service realisiert haben. Sei es als neues Geschäftsmodell, den Aufbau zusätzlicher Verkaufskanäle oder einfach als weitere Datenquelle zur Vervollständigung des vorhandenen Kundenprofils.

Ein Beispiel sind die Non fungible Tokens, kurz NFTs, die als angereicherte Architekturen auf der Blockchain-Technologie basieren. Diese nicht austauschbaren digitalen Objekte unterstützen ihre Nutzer und Nutzerinnen, seien es Einzelpersonen oder Unternehmen, mit plattformunabhängigen elektronischen Eigentumsnachweisen. Die sind jederzeit verfügbar, einfach zu verifizieren und als beliebte Original-Sammlerstücke übertrag- und handelbar.

Beispiele für das B2C-Geschäft mit privaten Autokäuferinnen und -käufern

Kia America, die US-Tochter des koreanischen Autoherstellers, startete Mitte 2022 eine TV-Werbekampagne für ihren neuen Kia Soul 2023. In dem 30-Sekunden-Spot waren drei NFTs als Hauptprotagonisten zu sehen, die an Bord des Fahrzeugs durch eine Stadt fahren.

Die Zuschauer hatten die Möglichkeit, durch Scannen eines QR-Codes auf dem Bildschirm eines der NFT-Sammlerstücke zu bekommen und ihrer Kollektion hinzuzufügen.

Die limitierten Charaktere aus dem Dead Army Skeleton Klub (DASK), einer Gruppe computergenerierter 3D-Skelette, erfreuen sich in Sammlerkreisen einer großen Beliebtheit und stehen – so der Fahrzeughersteller – „ebenso für Individualität wie unser neues Automodell“.

Mit der Einbindung des NFT-Themas in eine klassische TV-Kampagne ist es KIA als erstem Fahrzeughersteller gelungen, eine größere Zahl von Verbraucherinnen und Verbraucher anzusprechen und über die überschaubare technikaffine, jüngere Zielgruppe hinaus Aufmerksamkeit zu schaffen.

Während die NFTs schon einen gewissen Bekanntheitsgrad in der Kunstwelt erreicht haben, weil mit ihrer Hilfe digitale Sammlerstücke fälschungssicher angeboten werden können, ist der Begriff POAP noch relativ neu und beginnt gerade erst, sich durchzusetzen.

Das auf der Blockchain und dem NFT-Konzept basierende „Proof of Attendance Protocol”, kurz POAP, stellt einen einzigartigen digitalen Ausweis dar. Er kann exklusiv an Interessierte ausgegeben werden, um deren Teilnahme an einer Veranstaltung, Show oder einem Event zu ermöglichen oder später zu belegen. Immer mehr Unternehmen, Eventmanager und NFT-Gemeinschaften geben diese fälschungssicheren Tokens aus.

Schlüsselmomente wie eine Produkteinführung, besondere Ereignisse bei einem Händler und vieles mehr, können jetzt mit einem POAP belohnt werden.

Dieser „Ausweis“ wird in der digitalen Brieftasche gespeichert oder auf Social Media präsentiert und mit anderen geteilt. Das ermöglicht es den Unternehmen in der Autoindustrie, die Informationen für die 1080-Grad-Sicht, weitere Marketing- und Loyalty-Aktivitäten, Next Best Actions und vieles mehr zu nutzen.

Der Begriff Metaverse ist bereits allgegenwärtig und wird auch als nächste Generation des World Wide Web oder kurz Web3 bezeichnet. Er steht für ein virtuelles Abbild der realen Welt, oder zumindest einiger Aspekte davon. MINI, die britische Automarke mit Kultstatus, hat letztes Jahr auf der Computerspielmesse Gamescon in Köln das „erste befahrbare Metaverse“ vorgestellt. Dieses markeneigene MINIverse soll Lust auf neue Produkte wie den „Mini Concept Aceman“ machen.

Als Erlebnis-Marke und Community Brand der BMW Group arbeitet MINI nicht mit klassischen Avataren, also den digitalen Abbildern von Menschen, sondern mit Fahrzeugen als virtuellen Identitäten. Das Anwendungserlebnis bietet zudem gamifizierte und interaktive Elemente, um die Userinnen und User Teil der globalen MINI Community werden zu lassen.

In der virtuellen 3D-Welt bieten steile Rampen, abwechslungsreiche Strecken aber auch der direkte Austausch mit anderen MINI-Fahrerinnen und Fahrern durch Chat- und Emoji-Funktionen einen emotionalen Zugang. Gepaart mit einem Mobile-First Ansatz wird dabei eine breite Zielgruppe angesprochen, welche das MINIverse in allen gängigen Browsern sowie direkt über Social Media Apps nutzen kann.

MINI zeigt eindrucksvoll, wie eine Automarke neue immersive Erfahrungen einsetzt, um mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern in Kontakt zu treten und sich als modern und fortschrittlich zu positionieren.

Wir sehen in solchen Innovationsprojekten ein enormes Potenzial. Nicht nur um zusätzliche Daten zu sammeln. Sondern auch um personalisierte Erlebnisse zu schaffen, die auf den tatsächlichen Bedürfnissen basieren und über die einzelne Person und das Fahrzeug hinausgehen.

Oft ist der Kauf eines Neuwagens mit einer längeren Wartezeit verbunden. Die wird meist nicht als angenehm empfunden. Mit Hilfe von immersiven Technologien können Automobilhersteller diese Zeit überbrücken und eine emotionale Verbindung zwischen der künftigen Fahrerin oder dem Fahrer und ihrem in der Produktion befindlichen Auto aufbauen.

Ein Moment, der eindeutig haften bleibt, ist der, in dem eine Kundin oder ein Kunde das Fahrzeug kauft. Wäre es nicht fantastisch, einen einzigartigen NFT zu bekommen, der das konfigurierte Auto repräsentiert?

In dem digitalen Kunstwerk werden dann wie im Original die Farbe, die Felgen und diverse Extras angezeigt. Denn die sind so einzigartig wie das Auto, das die Kundinnen und Kunden bekommen, quasi ihre eigene Version, gespeichert in einem NFT.

Vielleicht nehmen die Fahrzeuginteressenten auch an einer exklusiven Veranstaltung teil, von der sie ihren Freunden oder der Familie erzählen wollen. Sicher existieren davon auch Fotos oder Videos. Aber mit einem POAP gibt es eine Möglichkeit, eine einzigartige, digitale und exklusive Art von Erinnerung zu schaffen. Der Fahrzeuganbieter hat dabei den Vorteil, mehr über seine Kundschaft zu erfahren und kommt an Informationen, die er so bisher nicht hatte.

Sieht er zum Beispiel über einen POAP, dass seine Kundin oder ein Kunde an einem exklusiven Golf-Event eines externen Veranstalters teilgenommen hat, mit dem er sonst nichts zu tun hat, könnte er diese Personen beim nächsten Mal gezielt für eigene, geplante Golfaktivitäten ansprechen.

Die große Herausforderung für die Autoindustrie ist heute, dass sie im Verlauf einer Kundenbeziehung zu wenig Kontaktpunkte mit ihrer Zielgruppe hat. Neue Touchpoints – ob im realen Leben wie bisher, über das Fahrzeug oder in der virtuellen Welt – helfen dabei, die eigene Marke oder das eigene Produkt verstärkt ins Bewusstsein der Kundschaft zu rufen. Sie bieten positive Impulse und verkürzen die „gefühlte” Wartezeit. Und wenn diese Customer Journey mit einem Kundenbindungsprogramm kombiniert wird, verstärkt sich dieser Effekt noch weiter.

Beispiele für das B2B-Geschäft mit anderen Unternehmen

Aber auch im B2B-Bereich gibt es viele Möglichkeiten für den Einsatz dieser neuen Technologien in Marketing, Vertrieb und Service. Übergibt etwa ein Automobilunternehmen einen LKW an einen Geschäftskunden, kann hier ebenfalls das digitale NFT-Abbild des Nutzfahrzeugs und das Digital Vehicle File (DVF) an die neuen Besitzer überreicht werden. Dieses DVF, sozusagen die elektronische Fahrzeugakte, dient dabei als weltweit verfügbare, fälschungssichere und digitale Version aller Fahrzeuginformationen.

Ein anderes Beispiel: Bei einem erforderlichen Reifenwechsel sendet die Werkstatt an den Halter mitunter Vorschläge für einen Termin, der zur Verfügbarkeit und Auslastung des eigenen Serviceteams passt. Nehmen die Geschäftspartner diesen Vorschlag direkt an, könnte ihr Nutzen beispielsweise in doppelten Treuepunkten, Cashback oder anderen Vorteilen bestehen.

Nach Abschluss des Reifentauschs wird der Vorgang in der digitalen Fahrzeugakte dokumentiert und ein POAP als eindeutiges Zertifikat der virtuellen Brieftasche hinzugefügt.

Bei allen Wartungsvorgängen am Fahrzeug werden Daten ausgetauscht, um den einwandfreien Zustand des LKW zu validieren und nachzuweisen.

Dabei kann auch die vorausschauende Wartung, auch Predictive Maintenance genannt, eine wichtige Rolle spielen: Entweder sendet ein digital vernetzter Truck regelmäßig Daten und bestimmte Parameter, die von einer Künstlichen Intelligenz (KI) automatisch auf Abweichungen vom Normalverhalten analysiert werden. Oder es gibt einen spezifischen Fehlercode im Bordsystem, der an die Servicezentrale übermittelt wird.

Je nach Schwere des Problems kann sofort ein Wartungstermin vereinbart werden. Dabei stellt die Werkstatt sicher, dass die erforderlichen Ersatzteile verfügbar sind oder rechtzeitig bestellt werden und der LKW ohne Verzögerung repariert werden kann, dadurch so schnell wie möglich wieder zurück auf der Straße ist und produktiv eingesetzt werden kann. Gerade in Zeiten mit vielfältigen Lieferkettenproblemen wie heute, ist das ein nicht zu vernachlässigender Aspekt.

Die digitale Fahrzeugakte kann dank Blockchain für eine lückenlose Dokumentation des Fahrzeugzustands und die Authentizität der verwendeten Ersatzteile sorgen. Sie lässt sich aber auch für die schnellere Garantieabklärung nutzen, die oftmals – gerade für freie Werkstätten – sehr zeitaufwändig sein kann und die Ausfallzeit eines Nutzfahrzeugs in die Länge zieht.

Eine weltweit verfügbare, fälschungssichere digitale Historie des Trucks bringt vielfältige Vorteile.

Wird dabei ein cloudbasiertes, kooperatives Datenökosystem wie Catena-X als Backbone-Netzwerk genutzt, lassen sich alle Akteure in durchgängigen Wertschöpfungsketten sicher verbinden und Prozesse optimieren. Etwa beim manipulationssicheren Nachweis des CO2-Fussabdrucks eines Nutzfahrzeugs mit Hilfe eines POAP. Dieser dient als digitaler Ausweis für den einfacheren Zugang zu Baustellen oder Innenstädten, der durch gesetzliche Vorgaben an bestimmte Emissionsobergrenzen gebunden ist.

Zukunft die Autoindustrie gestalten

Die eigene Kundschaft besser kennenzulernen, war schon immer ein Muss, wenn es um eine herausragende Customer Experience geht. Alle Daten rund um eine Person, ihre Interessen und Transaktionen bildeten bisher die Grundlage, soziale Fußabdrücke und neue digitale Kanäle ergänzen dies zu einer 360-Grad-Sicht.

Digitale Zwillinge und Fahrzeuginformationen werden nun damit verknüpft und vervollständigen die Daten, die auch aus dreidimensionalen immersiven Welten wie dem Metaverse oder Anwendungen der Augmented und Virtual Reality stammen können. Mit Hilfe von digitalen Produkten wie NFTs und POAPs, die durch die Blockchain vertrauenswürdig und fälschungssicher sind, folgt nun der nächste Schritt.

Die damit mögliche echte 1080-Grad-Sicht mit den drei Dimensionen Kundschaft, Fahrzeug und immersive Erlebnisse wird in Zukunft die Autoindustrie weiter verändern und dringend benötigte Wettbewerbsvorteile schaffen.

Gibt es Fragen, Anregungen, weitere Ideen? Unter dieser Adresse sind wir jederzeit zu erreichen: cxa@sap.com. Darüber können Sie auch unser ausführliches Positionspapier zum Thema „1080-Grad-Sicht in der Autoindustrie“ anfordern, das demnächst erscheint.

Lesen Sie auch die kostenlose Studie von Oxford Research „Veränderung als Chance: Das Streben nach höherer Rentabilität als Katalysator für die Transformation“, für die u.a. Entscheider in der Autoindustrie befragt wurden.


Hier finden Sie weitere spannende Artikel zu fachverwandten Themen!

Suche nach Themen beginnend mit